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Umbau/Ausbau eines Kindergartens

in Kassel

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Um dem dringenden Bedarf an Kindergärtenplätzen gerecht zu werden, unterstützte die Landesregierung mit einem finanziellen Sonderprogramm den Umbau von Kellerräumen in einem Kinderheim im Kassel. Dort sollte innerhalb von 6 Monaten ein zweigruppiger Kindergarten eingerichtet werden.

Die äußeren Rahmenbedingungen waren denkbar ungünstig. Zeit- und Kostendruck und die Art der Räumlichkeiten erforderten ein besonderes Engagement.

Um das Kellergeschoss bewohnbar zu machen, mussten zwei Seiten des Gebäudes freigelegt werden. Damit der Kindergarten vom täglichen Betrieb des Kinderheimes abgegrenzt werden konnte, wurde ein neuer separater Zugang von der Straße und ein neuer Eingang ins Haus geschaffen. Unmittelbar am Eingasbereich liegt die Garderobe für alle Kinder, die mit großen, offenen Durchbrüchen zum Flur hin erweitert wurden. Um etwas mehr Platz zu in den Eingängen der Gruppenräume zu schaffen, sind diese Bereiche zurückgesetzt worden. Dadurch entstanden Nischen, die mit Kinderküchen eingerichtet wurden.

Der Umfang dieser Bauaufgabe machte es erforderlich, auf die Grundsätze der kindlichen Lebensbedürfnisse einzugehen. Durch ein umfassendes Literaturstudium eröffnete sich mir als Architektin das Blickfeld mit den vielfältigen Forderungen, die eine gesunde Entwicklung von Kindern beinhalten soll. Die neu geschaffene Umgebung sollte die kindlichen Bedürfnisse, die Entfaltung von Sinneswahrnehmungen, ein gesundes körperliches Wachstum, die Motorik, eigenständige Aneignung der Umwelt und die Selbstfindung fördern. Nicht unbeachtet durften die Interessen der Familien und des Träges bleiben. Je mehr ich mich in die Materie vertiefte, desto klarer wurde mir, dass bei dieser Bauaufgabe der gewohnte Blick für die klassische Architektur nicht ausreicht. Nicht nur die funktionalen Aspekte, sondern eine Reihe pädagogischer und soziologischer Vorgaben waren bei der Erarbeitung dieser Konzeption maßgebend. Als Ergebnis dieser intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema entstand ein pädagogisches Modell und eine ihm entsprechende Architektur.

Der Anspruch, eine ganzheitliche Architektur zu realisieren, machte es erforderlich, sämtliche Teilbereiche - vom Entwurf bis zum Außengelände, Innenarchitektur, Einrichtung und Spielzeug – zu planen und zu betreuen.

Der wichtigste Ansatz war, der Verarmung von Sinneserfahrungen entgegen zu wirken und in selbstbestimmten Spielmöglichkeiten „das Reich der Sinne“ zu öffnen. Die Sinne und das Spiel wurden zum Leitfaden der gesamten Planung und der Ausführung.

Gerade durch das Spiel entwickelt sich das Kind intellektuell, körperlich und emotional, es erfährt seine soziale Eingliederung. Das Spiel ist ein Weg für das Kind, seine Welt zu interpretieren. In seiner spielerischen Neuerschaffung der Welt liegt der Grundstein seines Selbstwertgefühles und seines Verhältnisses zu dieser Umwelt.

Neben dem Bedürfnis zu lernen und zu erfahren, dem sozialen Verhalten und der Entwicklung von Gefühlen, sollen die Kinder auch eine Erfahrung mit der Arbeitswelt der Erwachsenen machen.

Die Teilnahme an den hauswirtschaftlichen Tätigkeiten wurden zum Bestandteil der pädagogischen Konzeption.

Das Motiv eines Hauses, mit dem das Kind gleich beim Eintreten in den Kindergarten empfangen wird, symbolisiert Schutz und Geborgenheit. Es ist auch in der Gestaltung der Regale, auf den Fliesen und Türen etc. wiederzufinden.

Die Räumlichkeiten gliedern sich in drei wichtige Spielbereiche, welche die Eigenart und die Bedürfnisse der Kinder erfüllen. Der Gruppenraum, der Geborgenheit und Sicherheit ausstrahlt, geht über in dem Wintergarten, der Unbefangenheit vermittelt, und in den Außen-Spiel-Raum im Garten, der Freiheit präsentiert.

Im Gruppenraum wird das Sozialverhalten sowohl im Kreis der ersten sozialen Gemeinschaft, als auch im Spiel in Kleingruppen oder beim Essen und gemeinsamen Kochen geübt.

Das Spielen setzt sich in den übrigen Funktionsräumen des Hauses fort. Zu den Lieblingsplätzen zählt der Nassraum mit einer Sitzbank zum Verweilen. In seiner Raummitte steht eine große Waschinsel, die nicht nur für die Hygiene, sondern besonderes zum Spielen einlädt. Der Spiegel an der Wand unterstützt die Körperbezogenheit der Kinder. Auch die Revisionsklappen sind mit Spiegeln beklebt.

Spiegel allgemein üben auf die Kinder geradezu eine magische Anziehungskraft aus. Sie regen dazu an, sich mit sich selbst zu beschäftigen, Spiele zu erfinden, Spaß und Faxen zu machen.

In den Gruppenräumen im Keller waren die Leitungen unter der Decke und an der Wand offen verlegt. Mit weichen Wellen aus einem Drahtgeflecht und Putz wurden sie in allen Kinderräumen bedeckt. Eine besondere Atmosphäre ensteht durch eine weichmodellierte Fassung der Decke.

Die Erhöhung in der Mitte läßt das Gefühl aufkommen, das der Raum sich nach oben wölbt.

Etwas unsicher zu Anfang begannen die Putzer, unter Anleitung die einzelnen Wellen zu modellieren. Je weiter sie sich spielerisch in das Metier eingearbeitet hatten, umso weicher und bewegter wurden die plastisch gestalteten Wellen.

In den Räumen der Pädagoginnen waren geometrische Formen ein Bestandteil der Komposition.

Die alten verputzen Wände sind mit Streichputz, der mit einem Quast in Kreisen aufgetragen wurde, veredelt, was die Massivität der Wände auflöst. Der Feinputz der neuen Wände wurde in der gleichen Technik ausgeführt.

Zu dieser „Öffnung“ der Wand tragen die wolkig lasierten Farben in rosa-lila, rosa-gelb und ocker bei.

Um die düstere Wirkung des Kellerflures auszuhebeln, ist eine Decke in Form eines Daches eingebaut worden, die in der Mitte noch ein Lichtband erhielt. Die Farbgestaltung in Rosa-Tönen vermittelt eine aufnehmende und freundliche Atmosphäre. Gleichzeitig dient sie der Verkleidung von offen verlegter Installation.

Die Inneneinrichtung ist individuell ausgewählt und zum Teil nach eigenen Entwürfen gefertigt. Die Idee, mit etwas weniger Stühlen und Tischen zu arbeiten, konnte ich nicht durchsetzen. Deshalb suchte ich nach Stuhlformen, die das Kind nicht zum Stillsitzen zwingen. Stühle von Alvar Aalto mit runden Sitzflächen, gebogenen und aufnehmenden Rückenlehnen kommen dem kindlichen Naturell entgegen, eigentlich nicht ordentlich auf Stühlen sitzen zu wollen. Die Kinder sitzen je nach Bedürfnis darauf mit eingehängten Füßen, mit den Rückenlehnen nach vorne oder in Seitenstellung, als wollten sie damit sagen, dass die Zeit des braven Sitzens wie in der Schule noch nicht angesagt ist.


 
 
 
 
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